Horlacher, Jakob: Gottfried Keller : gez. im Weisshaar den 29. Nov. 1887. Nachts 11.30. Zentralbibliothek Zürich, GKN 324

Ein verschwundenes Lieblingslokal Gottfried Kellers

Spiegelgasse 14

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Am 29. November 1887, nachts um 11 Uhr 39, zeichnet der junge Arzt Jakob Horlacher den 68jährigen Gottfried Keller im Café Weisshaar. Der damals 24jährige Horlacher wagt den berühmten Dichter natürlich nicht von vorne zu porträtieren. Er zeichnet ihn von hinten, einsam vor seinem Glas sitzend, und als einsamer Trinker ist Keller in das Gedächtnis der Nachwelt eingegangen. Was daran wahr ist, können wir heute nicht mehr überprüfen, auch gibt es das "Weisshaar" längst nicht mehr. Im Bürger-Etat der Stadt Zürich von 1885 ist der Wirt August Weisshaar sowohl an der Leuengasse 10 wie an der gegenüberliegenden Steingasse 19 verzeichnet. Die erste Hausnummer gibt es nicht mehr, da die ganze Häuserzeile 1937 niedergerissen wurde, die Steingasse heisst heute Spiegelgasse. Im Haus Spiegelgasse 12 starb Georg Büchner im Jahre 1837, betreut vom Ehepaar Wilhelm und Caroline Schulz, mit dem Keller wiederum in den 1840-er Jahren eng befreundet war. Im Eckhaus Spiegelgasse/Obere Zäune schliesslich, dem Haus zum Brunnenturm, besuchte der junge Gottfried Keller die Armenschule. Es ist nicht leicht zu rekonstruieren, wo sich das Café Weisshaar genau befand. Gottfried Keller war dort wohl die Nähe zu Schauplätzen seiner eigenen Jugend wie auch zu literarischen Grössen wie Georg Büchner bewusst, auch wenn er diesen nicht besonders geschätzt hat.

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